Wir sind ein Zimmer und zugleich eine Weltanschauung. Wir hängen Bilder an die Wände, obwohl wir am liebsten auf dem Balkon sitzen. Die Pegnitz ist unser Fluß, oder
vielmehr: die Pegnitz ist dadurch hinreichend und vollständig charakterisiert, daß sie am Bernsteinzimmer vorbeifließt.
Wenn ein Faß Bier da ist, stechen wir es an. Wenn jemand eine Rede einstecken hat, wird sie gehalten. Wenn jemand ein Lied kennt, wird es gesungen.
Die Leute kommen vorbei, ohne zu wissen, was geschehen wird. Das jedoch ist sicher: immer geschieht Außergewöhnliches. In guter Gesellschaft sind wir, wenn wir
gesellschaftskritisch sind - sagen lassen wir uns gar nichts, weil wir eine eigene Meinung haben. Jeder eine andere, und alle sprechen gleichzeitig. Das mindeste ist, einen Vortrag zu
präsentieren, eine Radiosendung zu produzieren oder einen Meisterkünstler zu krönen.
Wer noch nicht bei uns war, soll vorbeikommen, wer schon einmal da war, kommt wieder, und wer nicht aufpaßt wie ein Schießhund gehört für immer dazu! Kunst ist kein
Luxus, sondern unsere Lebensgrundlage, und wenn die Welt des Trostes bedarf, ist sie bei uns an der richtigen Adresse.
Die Bilder, die wir an die Wände hängen, die Musiker, die hier auftreten dürfen, die Schriftsteller, die bei uns lesen, müssen die Besten sein – darunter tun wir es
nicht. Berühmt in Nürnberg, bringt's das? - Nein, antworten wir, solange man nicht zu Gast im Bernsteinzimmer war.
»Die Galerie ‘Bernsteinzimmer, Verein zur Förderung der schönen Künste’ gibt es seit 1997 - und das ist schön so. Im bootshausartigen Gemäuer an der Pegnitz zeigen sich die Galeristen Anders Möhl, Det Paulig, Helga von Rauffer, Fredder Wanoth, Claudia Schulz, Christian Dümmler, Lukas Münich, Tessa Korber und Elmar Tannert als Utopisten und Minimalisten. Genauer sind sie in einer anständigen Zeitung nicht zu beschreiben.
Mit Mut zum Ausgefallenen inszenieren sie poetische Interventionen, Schlachtschüsseln und Scherzkekse, Chiffrierer und Dechiffrierer, leckere Mädchen und Omnipotenzen, Positionen und Tendenzen, Kunst ohne Bremse und Licht, Druck- und Spaßartisten, Teppichverkäufer und Brandstifter, Sardinenbar und Staubfabrik, Randbezirke und Außenpositionen, Vorspiel und Nachbeben, ratternde Lustobjekte, Konversation bei lauter Musik im schrägen Licht einer entrückten Zeit.«
Verdichtete Selbstdarstellung mit den Highlights der Nürnberger Kunstkritik.